Mythen über den (nordischen) Hütehund

Hüte- und Hirtenhunde sind dasselbe

NEIN

Hirtenhunde haben die Aufgabe die Tiere vor Raubtieren zu beschützten, die Hütehunde hüten/treiben die Schafe.

 

Hütehunde fühlen sich auch in der Stadt wohl

BEDINGT

Wenn ausreichend Bewegung, Kontakt zu Artgenossen und geistige Beschäftigung täglich vorhanden sind und der Hund seinen starken Bewegungsdrang ausleben darf, dann ist es möglich. Es braucht jedoch seitens des Hundehalters einiges an Phantasie und Organisationstalent.

 

Hütehunde verstehen sich gut mit anderen Haustieren.

Bedingt

Es kann passieren, dass der Hütehund gerne mal einen Hasen hüten, wenn dieser aus dem Käfig ausbüxt. Bei Katzen oder beim Zweithund kann es sein, dass der Hütehund übermäßig beschützt und bewacht, besonders wenn diese miteinander aufgewachsen sind.

 

Hütehunde brauchen permanent Bewegung

Nein.

Die Schafe werden auf ihre Futterweide getrieben. Dann hat der Hund Ruhepause. Nur bei Bedarf wird ein versprengtes Schaf zurückgeholt. Auch wenn es ein Wanderschäfer ist, ist die Herde nicht ständig in Bewegung. Wird eine gute Weide gefunden, dann verweilt die Schafherde oft tagelang dort.

Quelle © Hundeschule Sylvia Ruhm

 

Hütehunde sind sehr folgsame Hunde

Stimmt nur bedingt

Es ist richtig, dass durch züchterische Selektion jene Hunde weiterverpaart worden sind, die gut lenkbar sind durch den Schäfer. Aber einen „Kadavergehorsam“ wie es sich manche Hundebesitzer von ihren Hunden erwarten wäre für einen Schäfer kontraproduktiv. Der Hund hat auch Entscheidungen selber zu treffen.Quelle © Hundeschule Sylvia Ruhm

 

 

Hütehunde jagen nicht.

Stimmt nicht

Hütehunde jagen, denn das Hüten ist eine Sequenz der Handlungskette „Jagen“:

 Aufspüren der Beute – Blickkontakt zur Beute – Anpirschen und Einkreisen – Hetzen – Angreifen und Töten – Zerlegen. Über Jahrzehnte wurde bei den Hütehunden eben diese Jagdsequenzen gefördert: Anpirschen und Einkreisen und Hetzen – lediglich das Töten wurde „herausgezüchtet.“ Es wurden konsequent, so grausam es auch klingt, die Hunde die wirklich zupackten und töteten eliminiert. Denn der Schäfer konnte einen Hütehund der seine Schafe tötet nicht brauchen. Das eigentliche Problem liegt aber heutzutage in der Zucht der sogenannten Showlinien. Denn da wird nicht mehr auf Arbeitsqualität der Hunde wertgelegt, sondern nur mehr auf Aussehen. Somit kann es vor allem bei den Hunden der Showlinien passieren, dass sie alle Sequenzen des Jagens durchlaufen und das Tier auch töten.Quelle © Hundeschule Sylvia Ruhm

 

Hütehunde sind freundliche, aufgeschlossene Hunde

Nicht alle

Hütehunde sind meist misstrauisch und sozial wenig aufgeschlossen sowohl Menschen als auch Hunden gegenüber. Das hat auch seine Berechtigung. Wie wir oben schon besprochen haben sehen sich die Hütehunde für ihre Herde verantwortlich. Einige Rassen, wie der Mudi oder der Aussi wurden sogar als Warnhunde eingesetzt. Somit ist es notwendig für diesen Job ein gesundes Misstrauen allem Fremden gegenüber zu besitzen.Quelle © Hundeschule Sylvia Ruhm

Hier zählt jedoch der Islandhund sicher zu den Ausnahmen

 

 

Hütehunde sind intelligent und lernen schnell.

Es ist richtig

dass Hütehunde aufgrund ihrer schnellen Aufnahmefähigkeit gut lernen. Doch auch da gibt es die Kehrseite der Medaille. Die meisten Hunde lernen mit selektiver Aufmerksamkeit. Das bedeutet, dass das was im Focus des Scheinwerfers ist wird exakt gelernt und die Ereignisse im Hintergrund werden mehr oder weniger mitgelernt. Durch die extreme Vigilanz haben Hütehunde einfach gelernt ihre Scheinwerfer hin und her schweifen zu lassen. Somit gibt es für sie kein Hintergrund lernen, sondern alles liegt im Focus des Scheinwerfers und wird dementsprechend verarbeitet. Um eine wirklich exakte Ausführung zu bekommen, ist es notwendig dem Hütehund ein strukturiertes und konzentriertes Arbeitsumfeld zu bieten.

Quelle © Hundeschule Sylvia Ruhm

 

 

Hütehunde sind oft nervös und aggressiv.

 Wie man den Welpen bettet, so liegt dann der erwachsene Hund. Natürlich durchlaufen Welpen der Hütehunderassen dieselben Entwicklungsphasen wie andere Hunde. Sie brauchen jedoch mental länger erwachsen zu werden und ihre Angstphasen sind zum Teil sehr stark ausgeprägt. Bietet man einem Welpen – das gilt für jeden Welpen jeder Rasse oder Mischung – ein ausgeglichenes Welpenleben mit viel Ruhephasen kann man sicher gehen, dass der erwachsene Hund ausgeglichen und nervenstark wird. Bei Hütehundwelpen ist genau darauf zu achten, das man das wie oben schon besprochene Bremspedal wirklich fördert und nur das vorhandene Potential der Aktivität nutzt,. Da Hütehunde meist mentale Spätzünder sind, ist die Gefahr der Überforderung im Junghundealter sehr groß. Man denkt man hat schon einen erwachsenen Hund vor sich, in Wirklichkeit ist er emotional gesehen noch ein Kind. Wird er in diesem Entwicklungsstadium mit Aufgaben konfrontiert, für die er keine eigene richtige Lösung finden kann, ist er überfordert. Passiert das oft, dann ist er frustriert, nervös vor der nächsten Aufgabenstellung und eventuell aggressiv in seiner Antwort

Quelle © Hundeschule Sylvia Ruhm

 

 

 

Auszug aus dem Interview mit Sonja Pfeifer zum Thema Hüten und Hütehund vom 12.06.2014

 "Gibt es alternative Beschäftigungen die dem Hüten ähnlich sind?

Meine Antwort ist hier ein klares NEIN, die gibt es nicht. Viele behaupten zwar, dass die relativ neue Sportart „Treibball“ Ähnlichkeiten aufweise, aber dies verneine ich vehement. Und zwar aus folgendem Grund. Damit ein Hund hüten kann, muss er lebendiges Vieh vor der Nase haben. Viele Border Collies die kein Vieh haben, suchen sich „Ersatzhüteobjekte“ (Menschen, Autos aber auch andere Hunde udgl.) – dies sollte unbedingt unterbunden werden, da es sowohl für den Menschen als auch für den Hund sehr gefährlich werden kann (Hund rennt vor ein Auto, mit der Absicht es zu stoppen oder Hund holt Fahrradfahrer vom Fahrrad weil er es stoppen möchte).

Dennoch kann meines Erachtens ein Hütehund auch ohne Hüten glücklich werden. Solange ein Hütehund eine artgerechte (sprich geistige) Beschäftigung erhält, kann ein Hütehund durchaus auch ohne Vieh glücklich werden. Ganz nach dem Motto, was er nicht kennt, vermisst er auch nicht!!! Fatal ist es daher meiner Meinung nach, wenn man sagt, ich probiere mal das Hüten aus, obwohl man gar keine Möglichkeit hat, dem Hund das dann wirklich zu bieten. Ganz nach dem Motto: Schlafende Hunde soll man nicht wecken!!

Allerdings gibt es auch Vertreter dieser Rassen, die nur dann glücklich und vor allem händelbar sind, wenn sie hüten dürfen!!!

Ich möchte daher jedem, der mit dem Gedanken spielt sich einen Hütehund als Partner zu holen bitten, sich zu überlegen, ob er den gewillt und auch die Möglichkeit hat, für den Fall, dass sein Hund unbedingt hüten möchte, ihm dies ermöglichen kann. Sollte dies nicht der Fall sein, so gibt es viele andere vergleichbare Rassen, die nicht solche Spezialisten sind. Als Beispiel sei hier für den Agilitysport der Sheltie, aber auch der FlatcoatedRetriever (Arbeitslinie) genannt. "

 

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